Deutschland steigt aufs Rad - bei jedem Wetter
Der Radverkehr spielt für viele deutsche Städte und Agglomerationen eine Schlüsselrolle zur Erreichung ihrer verkehrs- und klimapolitischen Ziele. Eine aktuelle Studie ergab, dass Pendler und Pendlerinnen die täglich das Rad nutzen, um 84% niedrigere mobilitätsbezogene CO2-Emissionen über ihren gesamten Lebenszyklus verursachen, als Personen, die kein Rad nutzen. Noch deutlicher wird die Betrachtung pro zurückgelegte Wegstrecke: Radfahren verursacht pro Strecke einen 30-mal niedrigeren CO2-Austoss als ein Diesel- oder Benzinauto und immer noch die zehnmal niedrigere Emission als ein Elektroauto – die Anschaffungs-, Entsorgungskosten und Lebensdauer des Gefährts immer mit eingerechnet.
Dieser Hebel in der Klimapolitik wurde von Bund, Ländern und Städten erkannt. Die Förderung des Radverkehrs setzt dabei schwerpunktmässig bei der Infrastruktur an. Laufend entstehen neue Radschnellwege, Fahrradzonen, Fahrradstreifen und Abstellplätze für den Radverkehr.
Die Anstrengungen zur Verbesserung der Radwege spiegeln sich im Radverkehrsaufkommen. Es hat während der Corona-Pandemie weiter zugenommen. Laut dem zuständigen Bundesministerium, nutzen 80% der Deutschen das Fahrrad in irgendeiner Weise, 55 % halten es für ein unverzichtbares Verkehrsmittel. Damit ist Deutschland eine der führenden Fahrradnationen.
Neben der Nutzung insgesamt nimmt auch die ganzjährige Nutzung von Fahrrädern fürs Pendeln zu. Auf Radschnellwegen geht das Verkehrsaufkommen bei Schlechtwetter oft nur um 20-30% zurück. Generell ist der Rückgang des Radverkehrs bei schlechten Wetterbedingungen in städtischen und gut ausgebauten Gebieten geringer als in anderen Orten.
Eine Befragung von Radfahrenden durch die TU Dresden hat gezeigt, dass die Personen, die bei kritischer Witterung dennoch das Rad stehen lassen, überwiegend (87 %) das erhöhte Unfallrisiko aufgrund ungenügendem Winterdienst als Grund angeben. Viele dieser Personen würden bei sauber geräumten Radwegen auch an Wintertagen das Rad für den Arbeitsweg nutzen. Aber die Unfallzahlen belegen, dass die Vorsicht seine Berechtigung hat. Das relative Risiko mit dem Rad zu verunfallen ist bei Glätte etwa 20-mal so hoch wie bei unkritischer Witterung. Deshalb ist ein effektiver Winterdienst unverzichtbar, um die Attraktivität der Radwege auch im Winter zu erhalten. Erst ein funktionierender Winterdienst ermöglicht es, das volle Potential der neuen Radinfrastrukturen auch in der kalten Jahreszeit auszuschöpfen. Die Einbindung der Radinfrastruktur in die Winterdienstpläne bringt aber so manche Tücken mit sich.
Radwege im Winter – eine Herausforderung
Es sind die Eigenheiten der Radwege, die den Winterdienst zu neuen Herangehensweisen und Einsatzmitteln zwingt. Die Schneeräumung und Glättebekämpfung auf Radwegen unterscheidet sich vom klassischen Winterdienst für den Autoverkehr. Was sind die Faktoren, die den Winterdienst auf Radwegen erschweren?
Hindernisse:
Werden bestehende Auto- oder Quartierstrassen zu Radschnellrouten umgewidmet, kann die Räumung mit bestehendem Gerät aus dem Strassendienst erfolgen. Doch diese Lösung bildet die Ausnahme unter den Radinfrastrukturen. In der Regel behindern schmale oder variable Wegbreiten, Brücken mit geringer Tragfähigkeit, Unterführungen, Poller oder Bäume die maschinelle Schneeräumung.
Platzverhältnisse:
Oft verläuft der Radweg parallel zum Strassenverkehr oder Gehwegen. Das reduziert den zur Verfügung stehenden seitlichen Platz für die Ablage des geräumten Schnees – schlimmer noch, oft dient der Radweg selbst als Raum für die Schneeablage der umliegenden Verkehrsflächen. In solchen Fällen muss eine Räumstaffel koordiniert ausrücken oder Schnee muss in kritischen Passagen gar aufwändig abgefahren werden.
Schwarzräumung ist ein Muss:
Die Reifen von Rädern und E-Bikes verfügen nur über einen Zwölftel der Reifenaufstandsfläche eines PKWs. Zusammen mit der Geschwindigkeit ergibt sich eine hohe Anfälligkeit auf Restschnee oder Glätte zu rutschen. Eine sehr sauberes Räumbild des Schneepfluges, allenfalls durch eine nachfolgende Reinigung mit Kehrbesen verbessert, führt zu einem für Radfahrende sicheren Resultat.
Wahl des Streumittels:
Abstumpfende Stoffe zur Glättebekämpfung erwiesen sich für Radwege als wenig geeignet. Rollsplit ist mit seinen scharfen Kanten gefährlich für die Luftreifen der Räder und kann selbst zu rutschigen Verhältnissen in Kurven führen. Auftauende Streumittel sind also gefragt – in möglichst geringer Dosierung und hoher Wirkung lässt sich das am besten mit Feuchtsalzen erreichen. Noch besser eignet sich das präzise Ausbringen von Sole auf den Radwegen. Bei vielen Kommunen mit anspruchsvollen Radinfrastrukturen setzt sich das Räumen mit Pflug und Kehrbesen, gefolgt von einem Sprüher zur Glättebekämpfung, als Ideallösung durch.
Faktor Zeit:
Die Räum- und Streupflicht gilt laut Bundesgerichtshof (BGH) auch für «verkehrswichtige» Radwege. Die ortsverbindenden Radwege sowie Radschnellwege dürften unter heutiger Auslegung auch im Winter als verkehrswichtig gelten. Bei Radwegen mit Streupflicht besteht dann grundsätzlich der Anspruch, diese bis zum Einsetzen des morgendlichen Berufsverkehrs zu räumen. Die Radwege müssen somit gleichzeitig mit den Strassen bedient werden.
Die Charakteristik der Radwege erfordert somit oft spezifische Geräte und zusätzliches Personal. Die Räumung der Radwege wird damit rasch zum ungeliebten Kostentreiber.
Räumen, Kehren, Sprühen – 3 Arbeitsschritte mit nur einem Fahrzeug
Es gibt Wege und Verfahren, die Radinfrastruktur effizient und mit möglichst wenig Fahrzeugen und Personal zu meistern. Der erste Schritt muss schon bei der Bauplanung erfolgen. Idealerweise sitzt der Winterdienst bei der Planung von Radwegen mit am Tisch und kann Bedürfnisse für den Unterhalt und Winterdienst direkt einbringen. Notwendige Elemente wie Poller oder Fahrbahnabgrenzungen werden dann so konzipiert, dass sie den Winterdienst nicht einschränken. Wo immer möglich sollen bestehende Maschinen eingesetzt werden können.
Eine Herausforderung bleibt der Anspruch, die Radwege mit der erforderlichen Gründlichkeit zu räumen und Glätte flächendeckend zu bekämpfen. Eine möglichst besenreine Befreiung der Verkehrsflächen von Schnee mit Pflug und Kehrbesen, schafft dabei eine ideale Ausgangslage für die Glättebekämpfung. Sauber geräumte Flächen benötigen bis zu 80% geringere Salz- oder Solemengen.
Für eine konsequente Schwarzräumung ohne Glatteis, müsste aber jeder Kilometer Radweg durch eine Räumkolonne aus Pflug, Kehrmaschine und Streuer/Sprüher in den Morgenstunden abgefahren werden. Genau dann, wenn diese Fahrzeuge auch für den Strassenverkehr und wichtige Gehwege gebraucht werden. Die Lösung dafür ist der Einsatz kombinierter Verfahren.
Spezialisierte Maschinen, wie unsere Schmidt TSS, ermöglichen Schneeräumung und Sprühen von Sole in einem Arbeitsgang. Das bewährt sich speziell auf Radwegen, da die Räumung nur ein einziges Fahrzeug bindet, anstelle einer Räumkolonne. Das ist besonders relevant in kritischen Einsatzsituationen, wenn jeder Pflug und Streuer möglichst effizient eingesetzt werden soll.
Eine Investition in den spezifischen Winterdienst für Radfahrwege lohnt sich gleich mehrfach. Die Radfahrenden sind sicherer unterwegs und den Städten hilft es bei der Erreichung ihrer Klimaziele. Der grösste Effekt zeigt sich aber bei den Kosten. Durch kombinierte Verfahren kann der Personalaufwand, die Einsatzstunden der Fahrzeuge und der Verbrauch von Streumitteln reduziert werden. In Kombination ergeben diese Faktoren ein substanzielles Einsparpotential für den Winterdienst, welches nicht ungenutzt bleiben sollte.