Vorreiter zu sein, fängt bereits bei der Produktion an

DIVISION SCHMIDT SETZT NACH KOMPLETTUMBAU DER SWINGO LINIE NEUE MASSSTÄBE IN DER KEHRMASCHINENPRODUKTION

Morgen besser sein als heute ist das Motto beim Projekt „Fit for tomorrow“ innerhalb der Division Schmidt. Fit werden, das heisst zukünftig noch schneller und flexibler auf schwankende Stückzahlen und unterschiedliche Kundenanforderungen reagieren zu können, sowie die Produktivität zu steigern, ohne Nachteil für Qualität oder Lieferzeiten – kurz gesagt: Lean werden.

Jeder packt mit an und eine Produktion steht Kopf

Zu Beginn stand die Aktion „5S“ auf dem Programm. Alle Mitarbeiter waren aufgerufen, ihre  Arbeitsplätze so zu gestalten, dass die Arbeit störungsfrei ablaufen kann, zeitraubendes Suchen sollte ebenso wie lange Transportwege und Wartezeiten vermieden werden. Mitarbeiter wurden geschult und im Rahmen einer einjährigen Ausbildung zum „Lean Manager“ ausgebildet. Einer davon ist Martin Freudig – Lean Manager mit Leib und Seele. Mit 18 Jahren begann er bei Schmidt in St. Blasien eine Lehre zum Maschinenbaumechaniker. „Damals war Lean noch kein Thema, geschweige denn haben wir den Begriff gekannt.“ Dass er heute – 22 Jahre später – das Lean Management in St. Blasien betreut und dabei z.B. eine komplette Produktionslinie auf den Kopf stellt, hätte er damals nie gedacht. In seinem Büro oberhalb der Produktion der Swingo Kompaktkehrmaschine in Halle 2, behält Freudig das im Auge, was eigentlich unsichtbar ist. „Lean Management ist das Streben nach Perfektion und weil wir es nur auf dem Papier beschreiben können, muss es erst einmal in den Köpfen der Mitarbeiter verankert werden, bevor es auch wirklich funktioniert. Das beste Konzept hilft nichts, wenn das Prinzip Lean nicht gelebt wird.“

Seine erste grosse Herausforderung: der Umbau der Swingo Kabinenfertigung sollte 2014 einen „Leuchtturm“ setzen – als Wegweiser mit Signalwirkung. Über 70 Mitarbeiter am Standort St. Blasien wurden geschult und zertifiziert. Dann war „ausmisten“ angesagt – Werkbänke, Werkzeugkisten, Kartonstapel, Regale – alles wurde auf den Kopf gestellt und Werkplätze mittels „Karton-Simulation“ von Grund auf neu durchdacht und optimiert. Wichtige Erkenntnis: weniger ist manchmal mehr.

„Ein gutes Beispiel, warum es sich lohnt, Prozesse genau zu durchleuchten, um mit Verbesserungen bereits an der Wurzel anzusetzen ist Folgendes“, erinnert sich Freudig. „Durch die übersichtliche Anordnung der Werkzeuge am Arbeitsplatz stellte sich heraus, dass ein Kollege von der Montage mehrere Feilen und Bohrer in seinem Bestand hatte. Bei der Frage, für was er die eigentlich brauche, gab er zur Antwort, dass er immer an den gleichen Stellen ein Bauteil nacharbeiten muss. Da stellten wir uns natürlich die Frage: warum müssen wir nacharbeiten und wie können wir das abstellen. Das Bauteil wurde entsprechend verändert, das Nacharbeiten entfällt damit.“

Während der Betriebsferien im Sommer 2014 wurde der Swingo Kabinenlinie dann sprichwörtlich der Boden unter den Füssen entzogen und auf 800 qm ein neuer, hellere Boden eingelassen sowie farblich abgetrennte Zonen eingeführt. Im Sommer 2015 folgte der restliche und mit 1400 qm weitaus grössere Teil der Swingo Montage.

Montage vorher:

Montage nachher:

“Wer immer tut, was er schon kann,  bleibt immer das, was er schon ist.” (Henry Ford)“

Die Vormontage ist nun separiert und Logistik von Montage getrennt. Ein neues Kanban System erlaubt, dass ein Lagermitarbeiter die benötigten Materialien einfach und in-time mittels eines Routen-Zuges auffüllen kann – handgerecht aufbereitet für die Kollegen in der Montage. Diese wiederum sind nun selbst für die Bestellung von Material beim Lager verantwortlich und müssen dafür sorgen, dass der Arbeitsplatz stets mit den benötigten Teilen versorgt und den nachfolgenden Kollegen ordentlich übergeben wird. Ausserdem wurde das Takt-System völlig überarbeitet, von einst 9 auf nun 15 Takte. Jeder Mitarbeiter begleitet die Maschine jetzt über vier Takte statt wie bisher einem Takt. „Das bedeutet vielseitigere Aufgaben, mehr Verantwortung und dadurch auch mehr Verbundenheit zum Gerät. Plötzlich ist jeder ein kleiner Unternehmer, der massgeblich am Gesamtprozess beteiligt ist. Die Mehrplatzfähigkeit macht uns zudem flexibler. Waren vorher Ausfälle durch Krankheit oder Urlaub oft schwierig zu kompensieren, haben wir nun die Möglichkeit, Schwankungen einfacher auszugleichen.“

Bis zu 20 Kompaktkehrmaschinen können zukünftig pro Woche gefertigt werden, das sind 8 mehr als vor der Umstellung oder anders ausgedrückt eine Steigerung von +66%. Auf einem sogenannten Andon-Board kann die Belegschaft geplante Aufträge, aktuelle Stückzahlen und Maschinenzustände verfolgen, nach dem Motto „besser informiert, höher motiviert“.

Besonders deutlich wird die Veränderung beim Vergleich von Bildern, die vor und nach der Aktion aufgenommen wurden. „Selbst Kollegen aus anderen Bereichen, die bereits seit Jahren bei Schmidt arbeiten, erkennen die Produktion in Halle 2 kaum wieder“, berichtet Martin Freudig stolz. „Wir konnten mit der Neugestaltung der Produktionsprozesse und der Werkplätze neue Maßstäbe im Bereich der Kehrmaschinenproduktion setzen. Um das zu erreichen war allerdings viel Arbeit notwendig. Nicht nur in der konkreten Umbauphase, sondern bereits in der Planung davor. Nur dank der guten Vorbereitung war es möglich, das knappe Zeitfenster von 3 Wochen einzuhalten, um pünktlich zum 21. August wieder mit der Produktion der Swingos beginnen zu können.“

Doch selbst jetzt gibt sich das Team um Martin Freudig noch nicht zufrieden. Überall in der Halle sind Flipp Charts aufgestellt. Dort können Mitarbeiter Ideen und Vorschläge notieren, wie die Abläufe weiter verbessert werden können – und diese Möglichkeit wird rege genutzt. Auch die Überarbeitung des betrieblichen Vorschlagswesens innerhalb der Division Schmidt hat massgeblich zu Verbesserungen und Einsparungen beigetragen. Statt komplizierte Formulare zu verwenden, können Ideen nun beispielsweise mittels Ideenkarte schnell und unbürokratisch gemeldet werden.

Dass ihm die Arbeit irgendwann einmal ausgehen könnte, das glaubt Martin Freudig also nicht. Ein Lean Manager eines grossen Autobauers in Stuttgart habe vor kurzem zu ihm gesagt „wir beschäftigen uns jetzt schon seit vielen Jahren mit dem Thema schlanke Produktion und stehen immer noch ganz am Anfang“.