Eine Schmidt Erfindung für die Ewigkeit

Schmidt feiert sein 100-jähriges Bestehen. Wie hat sich die Autowerkstatt aus dem Schwarzwald zu einem «global player» im Maschinenbau entwickelt? Und was folgt noch? Wir werden Ihnen übers Jahr hinweg einige Schätze aus unseren Archiven präsentieren, aber auch Ausblicke auf die kommenden 100 Jahre wagen. Zum Start gehen wir filmisch zurück ins Jahr 1963 und auf 2‘469 Meter über Meer zum Grossen St. Bernhard.

Der Grosse St. Bernhard ist ein Pass, der das im Südwesten der Schweiz liegende Wallis mit dem Aostatal in Italien verbindet. Der Pass ist auch Namensgeber für eine weit herum bekannte Hunderasse, den Bernhardiner, der gemeinhin als Rettungshund bekannt wurde und dessen Zuchtgeschichte auf dem Hospiz des Grossen St. Bernhards bis ins 17. Jahrhundert zurückgeht. Noch bevor 1964 der erste, die Alpen durchquerende Strassentunnel am Grossen St. Bernhard eröffnet wurde, feierte Alfred Schmidt junior, Sohn des gleichnamigen Firmengründers auf dem Pass eine Weltpremiere, welche die Schneeräumungstechnologie bis heute massgeblich beeinflusst.

Die Geschichte dieser Weltpremiere hatte ihren Ursprung jedoch bereits 1953. In diesem Jahr bringt Alfred Schmidt kurz nach Abschluss seines Ingenieurstudiums seine erste Schneefräse VF1 auf den Markt. Mit einer Antriebsleistung von 85 PS, angebaut an einen Unimog mit weit weniger PS, konnten damit grosse Schneemassen mit einer damals revolutionären Geschwindigkeit geräumt werden. Nun ist gross aber nicht gleich hoch. Und genau das liess auch Alfred Schmidt keine Ruhe. Es dauerte ein paar Jahre, bis er schliesslich 1959 in Lech (Österreich) der Öffentlichkeit demonstrierte, wie man mit Hilfe seiner Technologie auch Überhöhen fräsen kann. Unter Überhöhe versteht man Schneehöhen, die höher als die Fräshöhe sind. Damals konnten solche Überhöhen nur mit Handschaufeln und entsprechend grossem Personalaufwand abgetragen werden. Das von Schmidt entwickelte Frässystem erleichterte die Schneeräumung enorm, was neben geringerem Aufwand und Unfallrisiko auch dazu führte, dass Pässe früher wieder geöffnet werden konnten. Zwar folgte wie bereits einleitend erwähnt ein Jahr später die erste Strassentunnelverbindung, aber für viele Routen blieben Pässe der Normalfall. Weitere Strassentunnels durch die Alpen wie der San Bernardino-, der Arlberg-, der Gotthard- oder Karawankentunnel folgten erst Jahre und Jahrzehnte später. Und darüber hinaus war die frühere Öffnung der Pässe gerade auch für diejenigen Orte mit Tunnelverbindung ein Segen, weil damit der wegen dem Tunnel geringere Fremdenverkehr teilweise wieder kompensiert werden konnte.

Alfred Schmidt’s Erfindung ist zwar technologisch stets verbessert worden, ist aber heute noch die Basis moderner Frästechnologie. Vereinfacht erklärt wird der Fräsenvorbau bei geringer Geschwindigkeitsstufe mechanisch angehoben,  sodass damit eine Art Rampe gefräst werden kann, die wiederum das Fahrzeug anhebt, um erst die Schneemassen in der Höhe abzutragen. Danach muss zurückgesetzt und der Vorgang so oft wiederholt werden, bis die Strasse schliesslich freigeräumt ist. In den der ersten Demonstration folgenden Jahren optimierte Alfred Schmidt die Technologie, vor allem aber auch die Gewichtsverteilung der Fräse bzw. die Kraftverteilung am Zugfahrzeug. Den Durchbruch und damit auch die Weltpremiere feierte man dann 1963 auf dem Grossen St. Bernhard. Schon damals hat man das filmisch dokumentiert, was wir Ihnen hier keinesfalls vorenthalten wollen:

Die grossen Schneefrässchleudern von heute bieten nicht nur eine bis zu siebenmal stärkere Antriebsleistung, sondern auch hochmoderne und komfortable Arbeitsplätze sowie stattliche Wurfweiten um die 40 Meter. 1963 war das noch unvorstellbar. Die zurzeit grössten und leistungsfähigsten Supra Modelle sind zwar bei genauer Betrachtung keine direkten Nachfolger der VF1, weil sie selbstfahrend, also auf kein zusätzliches Fahrzeug mehr angewiesen sind. Aber Gemeinsamkeiten haben Sie trotzdem: Sie sind beide für den Einsatz bei grossen Schneemengen entwickelt worden und es steckt viel und einzigartiger Schwarzwälder Erfindergeist in ihnen.

Machen Sie den Vergleich. Hier geht’s zu einem Video, das die Supra im Jahr 2019 bei der Räumung des Simplon Passes zeigt.

 

Nachwort
Alfred Schmidt ist am 4. April 2020 nur wenige Wochen nach seinem 97. Geburtstag bei sich zu Hause im Schwarzwald friedlich eingeschlafen und von uns gegangen. Wir trauern gemeinsam mit der Familie um einen Menschen, der mit seinem Einsatz und Engagement nicht nur unser Unternehmen wesentlich gestaltet und weiterentwickelt hat, sondern auch mit typischer Schwarzwälder Tüftelei und Erfindergeist die Winterdiensttechnologie weltweit geprägt hat. Wir werden sein Gedenken stets in Ehren halten und seine Verdienste im Rahmen der Berichte zum Jubiläum noch ausführlicher würdigen.